Sumpfpäpste: Schon immer Punk
Die Reutlinger Band ist seit 19 Jahren eine Legende auf kleinen Bühnen
REUTLINGEN (job). Manche Bands haben nie den großen Durchbruch erlebt und sind trotzdem über die Jahre legendär geworden. Deren Musik wird vom Altpunk zur Nachwuchs-Irokesenträgerin weiter gegeben. Die Sumpfpäpste sind so eine Band: In der Region kommt man in Sachen örtlicher Punkrock-Historie nicht an ihnen vorbei.
Im Schnitt nicht mehr ganz jung, dafür immer noch musikalisch wild und gefährlich: Die Sumpfpäpste. Bild: Metz.
Ganz am Anfang stand ein Vorläufer mit Tücken: „Die Genossen“. Gitarrist Markus Schneller erinnert sich: „Da ist immer nur die Hälfte zu den Proben aufgetaucht.“ Aber die Liebe zum Punk war stärker als die Auflösungstendenzen: Der Manager Micha wurde zum Sänger erhoben, Sänger Virus übernahm das Schlagzeug und Schneller spielte Gitarre. Hinzu kam der Basser von „Konsumterror“. Fertig war eine Band, die alle regionalen Punkrockexperimente der 80-er überleben sollte.
Beinahe hätten sie „Pink Sabbath“ geheißen, ein Unglück, das sich aber abwenden ließ. „Päpste, das sind die Anführer“, erklärt Schneller die Namensfindung, „und der Sumpf sind arme Leute, Dreck, Penner“. In einem besetzten Haus in Stuttgart, schlicht „Haus“ genannt, spielten sie im Keller: „Wir hatten nur sieben Lieder, die mussten wir fünf Mal spielen.“ Bald folgte das erste Demo auf Kassette, gute Fanzine-Kritiken und zunehmend mehr Auftritte. 1989 waren die Sumpfpäpste 34 Mal zu sehen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Ungarn und Belgien. 1990 brachte die erste LP „See What It Is“, es gab Um- und Neubesetzungen. Torsten „Torte“ Janitza ersetzte den Basser. Als Sänger Micha Mitte der 90-er die Band verließ, rückte Wolfgang Wagner nach. Johannes „Hannes“ Schnitzler ist der jüngste Papst im Bunde und bereits der fünfte Schlagzeuger. Hannes kam als treuer Fan zu seiner Traum-Punkband. Schon als kleiner Junge war er auf dem Plastiktraktor auf Proben der „Genossen“ im Weg, jetzt hat er seinen Platz unter den Päpsten gefunden: Er gehört hinters Schlagzeug.
Ihre Konzert-Geschichten würden problemlos eine Seite füllen. Auf einer Polen-Tournee mussten Konzerte abgesagt werden, weil hinterher reisende Nazi-Skins randalierten. Sänger Wolfgang bewies sich in Stuttgart als harter Hund: Trotz Sturz von der Bühne und gebrochener Schulter hielt er bis zur Zugabe durch.
Zwischen 1994 und 1998 traf es auch die Sumpfpäpste hart, dass die Elektro-Partykultur Live-Konzerten auch in der Provinz zunehmend den Rang ablief. „Ich hab‘ stapelweise Kassetten verschickt, da kam nichts zurück“, erinnert sich Torte an die Gig-arme Zeit. Außerdem brachen viele der kleinen, selbstverwalteten Zentren weg: „Die Läden sind alle platt oder kommerzialisiert“, sagt Schneller.
Auch bei den Päpsten selbst hat sich einiges geändert. Mit festen Jobs fehlt die Zeit um zu touren. Als vor der Jahrtausendwende Rock‘n‘Roll auch in der Region mit Macht zurück kam, waren aber auch die Sumpfpäpste wieder mit dabei – und entdeckten im Publikum wieder bekannte Gesichter. „Ich hab das Gefühl, da gab‘s einige, die fünf, sechs Jahre Schläfer waren“, vermutet Schneller. Vor Konzerten werden sie von ihren neuen, jungen Fans nicht erkannt: „In Freiburg haben sie uns nicht geglaubt, dass wir es wirklich sind“, sagt Wolfgang lachend, „die waren geschockt, dass wir so alt sind, keine Iros und keine eingeschlagenen Zähne haben“.
Was Punk ist, wollen wir von den Päpsten wissen, schließlich sind nur sie unfehlbar: „Geil“, sagt Torte, „Not dead“, sagt Wolfgang, „Das Einzige, damit bin ich groß geworden“, sagt Schneller, und Hannes: „Fegt mich immer noch weg!“ So sei es.
INFO
Live zu sehen sind die Sumpfpäpste am heutigen Mittwoch, 27. April, 21 Uhr, mit „Freiboiter“ im Epplehaus.
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