DIE SUMPFPÄPSTE-STORY
ERLEUCHTUNG UND AUFERSTEHUNG
Es war an einem trüben Herbstabend 1986 in einem Kellerraum in Reutlingen, als bei einer
Probe der legendären Hardcoreband "Genossen" wieder einmal nur der Sänger Virus, der
Gitarrist Schneller und der Manager, Fotograf und Fahrer der "Genossen", Micha aufgetaucht
waren. Nach langem Überlegen und einigem Bier später wurden die drei von einer Erleuchtung
erfasst! Virus klemmte sich hinters Schlagzeug, Micha griff sich das Mikro und Schneller
zu seiner Gitarre. Schnell wurden ein paar Stücke eingeprobt und fertig waren die
"Sumpfpäpste"! Aber alle dachten sich, besser wär's mit Basser. Und so überzeugten die drei
den Basser von "Konsumterror", Haese, sich den Päpsten anzuschliessen. Ein Monat später
gab es die ersten Konzerte in besetzten Häusern, Bierkellern und ähnlichen Etablissements.
Durch strikte Werbestrategien (Verteilen von Flyers in der Obdachlosenszene, Verteilen von
Freikarten in Papierkörben der Innenstädte und Beschriften von Hauswänden) konnte sich die
Band bald eine trink- und pogofreudige Gefolgschaft in ganz Süddeutschland sichern.
1986 wurde das erste Demotape eingespielt und 1987 das zweite, das in Szenefanzines nur
beste Kritiken bekam. Es folgten Gigs in fast ganz Deutschland und auch eine erste kleine
Tournee.
BELGIEN ODER DIE FOLGEN VON 120 KLEINEN BIER
Der erste Auftritt im Ausland, in Belgien, führte dann unweigerlich zu einer Änderung in
der Besetzung der Band. Waren es die 120 kleinen Bierchen, die Micha und Schneller im
ausschankfreundlichen Flamenland zu sich führten, oder waren es kritische Äusserungen über
den etwas ungewöhnlichen siebenundvierzig-achtundvierzigstel Takt von Virus, nun der Mann
ging ohne Gruss und Meldung. Dabei hinterliess er eine relativ verblüffte Band, die 2
Wochen später eine kleine Tournee mit ihren Freunden von der britischen Poppunk-Band
"Thrilled Skinny" zu absolvieren hatte. Zum Glück erklärte sich Barbara von der
befreundeten Band "Morbid Nightmare" dazu bereit, beim ersten Konzert im Epplehaus in
Tübingen auszuhelfen. Beim Konzert wurde flugs eine Durchsage gemacht, anwesende
Schlagzeuger mögen sich doch bitte melden. Nach dem Konzert tauchten dann tatsächlich 2
blondgelockte Jünglinge auf, von denen der etwas gesprächigere den sehr maulfaulen anderen,
der sich als Schlagzeuger entpuppte, vertrat. Trotz meist nur gebrummten ja oder nein
entwickelte sich Metzger, der neue Mann am Schlagzeug, binnen 2 Tagen zum besten Mann
der Band: den ersten Gig musste er sogar mit Gipsfuss spielen! Es folgten Konzerte wieder
in ganz Deutschland, in Belgien und sogar in Ungarn. Dabei spielten die Päpste im Knast, im
Kurpark, in Stadthallen und Heuschobern.
Mit dieser sehr fruchtbaren Besetzung wurden schnell finanzierfreudige Teilhaber an den
Aufnahmen einer LP gefunden. Die LP "See what it is", aufgenommen im Tonstudio "Marquee" in
Reutlingen und erschienen bei "We Bite Records", kam dann 1990 in die Ladenregale. Die
Presse, einschliesslich "Maximum Rock'n Roll", "Flipside" und dem niederländischen "Metal
Hammer", überschlug sich vor Lob und Würdigungen.
TORTE STATT TROCKENEM HASEN
Anfang 1990 entschloss sich dann Haese, eventuellen Verführungen durch den Teufel Alkohol
in Form der anderen Bandmitglieder vorzusorgen und verliess die Band. Trotz Verständnis und
Einsicht, bliesen der Rest der Band und Hein, unser Fahrer und Mann fürs Grobe, in Metzgers
trautem Heim Trübsal. Da platzte es plötzlich aus Hein heraus: "Der eine Fan von euch, ist
immer da bei Konzerten, spielt auch Bass und ist gut drauf!" Nun dämmerte es Schneller, war
das der straffällig gewordene Jugendliche, mit dem er im Krankenhaus zusammen Essenswägen
hatte schieben müssen? Ein paar Telefonate später hatte man Torte am Hörer und machte ihm
ein Angebot. Die schnöde Ausrede "Ich hab doch schon ne Band" wurde gekontert mit dem
Argument "Das ist wie beim Fussball und wir haben die besseren Bedingungen" Und so wars
dann auch.
Der Erfolg der LP liess den Sumpfpäpsten keine Ruhe und wieder folgten Gigs in ganz
Deutschland (inzwischen war auch die DDR als potentieller Abnehmer für rauhen Punkrock
dazugekommen), und grössere Tourneen durch Ungarn und Polen. So durften die Sumpfpäpste im
legendären "Haus der Jungen Talente" der DDR und in der Stadthalle von Miskolc in Ungarn
vor jeweils 2000 Anwesenden ihre grössten Konzerte spielen.
DER FRISCHE FRANZOSE KOMMT
Anfang 1992 zeigten die zeit- und nervenaufwendigen vergangenen beiden Jahre bei Metzger,
dem treugedienten Schlagzeuger, ihre Auswirkungen. Freundin, Fussballverein und
Motorradclub zollten ihren Tribut und in gegenseitigem Einvernehmen versteckte sich
Metzger von da an in den Weiten der Schwäbischen Alb. Wieder wurde per Handzettel ein
neuer Schlagzeuger gesucht. Ausgerechnet in der abgeschiedenen Lieblingspizzeria der Band,
stiess der frisch importierte Franzose Manou auf den Aushang und nahm ihn mit, um
eventuelle Konkurrenten auszuschalten. Beim anberaumten Probetermin zeigte sich der
äusserst sympathische normannische Riese trotz seiner Aufkleber internationaler Flughäfen auf
den Drum-Cases, auf die er ganz stolz hinwies, jedoch wenig einsatzbereit. Mit Ausreden
wie "total fertig vom Arbeiten", "verletzt am Fuss", "Hand eingeklemmt" und "Ärger mit der
Familie in Frankreich" konnte Manou weitere Proben um 2 Monate verschieben. Nach dieser
Frist erwies er sich doch als ganz fähiger Schlagzeuger. Später gestand er, dass er vor
dem ersten Termin noch nie Schlagzeug gespielt habe, aber dann täglich bis zum Umfallen
geübt habe. Ferien mit Konzerten in der normannischen Heimat Manous, eine Schwedentournee
und Gigs in Deutschland und der Schweiz festigten die Band.
1995 gingen die Sumpfpäpste wieder ins Studio, aber diese Aufnahmen sollten nur als
Kassettendemo erscheinen. Schon bei den Aufnahmen kristallisierte sich heraus, dass der
Sänger Micha nicht mehr ganz bei der Sache war: So erschien er nicht im Studio, weil er,
wie sich später herausstellte, erst die Texte für die aufgenommenen Songs schreiben musste.
Schon seit Jahren waren Micha und Schneller auch mit der Organisation von Konzerten
beschäftigt und für Micha war diese Tätigkeit wohl interessanter und wichtiger geworden,
als selbst hinterm Mikro zu stehen. 1995, nach 9 Jahren verliess er die Band.
EIN NEUER RIESE ERSCHEINT AM HORIZONT
Alle drei verbliebenen Sumpfpäpste hatten schon seit einiger Zeit andere Bandprojekte und
Sumpfpäpste kochten auf Sparflamme. Manou spielte bei "Three X", Schneller bei "The
Swellings" und Torte bei "Slowburn" (später "Hunger"). Allen war jedoch der stimmgewaltige
Frontmann von "Slowburn" angenehm aufgefallen, der auch mit einer rücksichtslosen
Bühnenshow brillierte. Torte fragte seinen Bandkollegen und Anfang 1996 stieg Wolfgang bei
den Sumpfpäpsten ein. In mühsamer Kleinarbeit wurden alte Songs umarrangiert und neue Songs
komponiert. Im November 1996 konnte das neue Programm als Support der legendären
australischen Punkband "The Saints" vorgestellt werden. Und die Sumpfpäpste waren besser
denn je!!
Nach jedoch nur 2 Konzerten in dieser Besetzung musste Manou die Band verlassen, da er aus
beruflichen und familiären Gründen nach Freiburg zog. Wolfgang versuchte sich als singender
Drummer, aber es gibt nun mal 4 Päpste im Quartett. Ein neuer Drummer musste her!
HANNES ODER HANNIBAL
Die Suche nach einem neuen Schlagzeuger gestaltete sich als sehr langwierig. Und wieder
einmal war es ein Fan, der aus dem Publikum auf die Bühne stieg. Und wie es der Zufall
wollte, war es der jüngere Bruder des ehemaligen Schlagzeugers der "Genossen", aus deren
Asche die Sumpfpäpste ja auferstanden waren! Hannes war Gitarrist Schneller aus alten Tagen
bekannt, als er durch sein unermüdliches Fahren auf einem Plastiktraktor und erste
Trommelversuche die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Jetzt war er Hannibal und der beste
Schlagzeuger in der Gegend.
Seit Ende 1997 spielen die Sumpfpäpste nun in dieser Besetzung. Im Jahre 2000 wurde eine
CD mit 9 Liedern aufgenommen und im Jahr 2001 die Mini-CD "SSV 05" mit 3 Songs.
"BAND ON THE RUN"
Nach dem Weihnachtskonzert 2007 der Sumpfpäpste im geliebten Epplehaus beschliesst
Bassmann Torte die Band zu verlassen. Gleich darauf entscheidet sich auch
Drummer Hannes, es ihm gleichzutun, und wenige Wochen danach fällt auch
Sänger Wolfgang um: Band on the run! Als Vermächtnis dieser
langjährigen Besetzung wird noch die CD "No Compromise"
fertiggestellt. Urgestein und Gitarrist Schneller steht allein da und die Päpste
liegen nach 22 Jahren auf Eis!
Doch Hilfe naht! In der feuchfröhlichen Silvesternacht 2008/2009 trifft Schneller seinen guten
alten Freund Urs in der Sumpfpäpste-adaptierten Kaiserhalle im Herzen
Reutlingens. Dieser bereut noch immer, dass er damals vor fast 20 Jahren, nicht
den Basserjob angenommen hat. Schneller erinnert sich dumpf, dass Urs damals
tatsächlich die erste Wahl war. Man beschliesst 2 neue Mitstreiter zu
suchen und ein neues, altes Programm auf die Beine zu stellen. Die Musik soll
wieder mehr punken und weniger rocken! In Mai-Goll findet sich ein fähiger
und motivierter Drummer, der diese Idee bedingungslos unterstützt.
Mai-Goll war Umstrukturierungsmassnahmen in Schneller's anderer Band, Stragula,
zum Opfer gefallen und dürstete nach neuen Aufgaben am Schlagwerk.
ENDLICH EINE WEIBLICHE PÄPSTIN!
Wie finden wir einen fähigen Gesang? Und wozu sind eigentlich Kontaktanzeigen gut? Trotz grosser Zweifel
von Mai-Goll und Schneller schaltet Urs diverse Suchanzeigen auf seltsamen Plattformen und hat ... Erfolg!
Katha, erst Anfang Zwanzig, meldet sich und wagt sich in die Gruft zu den drei leicht gealterten, notorischen
Musikern herabzusteigen. Sie singt mit urgewaltiger Stimme, verbessert wesentlich die Optik der Band und vor
allem sie hält es aus mit den Dreien. Seit dem Mai 2012 sind die Sumpfpäpste wieder zu viert und
die Band hat wahr gemacht, was die Konkurrenz der Katholischen Kirche nie geschaft hat: wir haben eine weibliche Päpstin!
Zurück!