PUBROCK
Das Phänomen Pubrock trat Mitte bis Ende der 70er Jahre begrenzt auf den Raum Nord-London
und Südost-Essex auf. Es war eine Reaktion auf die damals populären, überproduzierten und
glattpolierten Musikstile des Britischen Progrock und des Amerikanischen Westcoast Sounds.
Pubrock ging wieder zurück an die Wurzeln, in die kleinen Clubs und Pubs. Vom Musikstil her
dominierte von Rhythm & Blues beeinflusster Hardrock. Pubrock kann auch als Vorläufer der
britischen Punkrock Szene gesehen werden. Joe Strummer von den Clash spielte z.B. vorher
bei den 101er's, einer beliebten Pubrock Band. Und The Stranglers, Cock Sparrer und Eddie &
the Hot Rods konnten auch in der Ära des Punk Erfolge feiern. Die Pubrock Musiker werden
oft als die älteren Cousins der Punkrocker bezeichnet, die ihre jüngeren Verwandten ideell,
logistisch und strategisch unterstützen.
DIE BANDS & PUBS
Die bekanntesten Bands der Pubrock Szene waren: The Imates, Ace, Eddie & the Hot Rods, Dr.
Feelgood, Nick Lowe, Chris Spedding, Frankie Miller, Tyla Gang mit Sean Tyla, The Pirates,
Cock Sparrer, The 101er's, Wilco Johnson, Kilburn & the High Roads mit Ian Dury, The Kursaal
Flyers, Ducks Deluxe, Brinsley Schwarz, The Motors, Sniff'n' the Tears, Blast Furnace & the
Heatwaves, Chas & Dave, Clancy, Elvis Costello, Eggs Over Easy, John Otway, Man, Mickey Jupp,
The Hamsters, Kokomo, Graham Parker & the Rumour, Riff Raff, Ruthless Blues, The Smirks, Squeeze,
Wreckless Eric, Lew Lewis Reformer, The Stranglers und Rockpile mit Dave Edmunds.
Zu den beliebtesten Auftrittsorten der Pubrock Bands gehörten: der Hope & Anchor in Islington,
die Pegasus Music Hall in Green Lanes, das Dublin Castle in Camden Town, The Pied Bull im
Viertel The Angel, Bull & Gate in Kentish Town und der Pub George Robey in Finsbury Park.
HOPE & ANCHOR
Der Pub "Hope & Anchor" in Islington, Upper Str. 207, London N1, ist seit Beginn der 70er
Jahre eng mit dem Phänomen des Pubrock, seinen Bands und dem Label Stiff Rec. verknüpft.
Ende der 70er Jahre fanden hier auch die Bands der neuen Punk-Bewegung ihre Plattform.
Ende des Jahres 1977 fand im Rahmen des "Front Row" Festivals eine Reihe von Konzerten mit den
beliebtesten Pubrock und Punkrock Bands, die regelmässig im Hope & Anchor gastierten, statt.
Einige Liveaufnahmen wurden auf den gleichnamigen Sampler mit 2 LP'S veröffentlicht. Neben
traditionellen Pubrock Bands wie Wilco Johnson Band, The Pirates und Tyla Gang finden sich
auch Bands der neuen Punkrock Bewegung wie XTC, X-Ray Spex und 999.
Der eigentliche Raum, in dem die Konzerte stattfanden und auch heute wieder stattfinden, ist
im Keller, klein, niedrig und stickig. Dieser Raum bietet höchstens 100-150 Leuten Platz
und war, als ich in den Jahren 1981-1982 dort regelmässig verkehrte, meist restlos überfüllt. Eines der
besten Konzerte, denen ich dort beiwohnen durfte, waren Motor Boys Motor (benannt nach einem
Song der 101er's!), die zu den späten Vertretern des Pubrock gezählt werden können.
Zu den neuesten Bands, die aus dem Dunstkreis Hope & Anchor kommen, gehören z.B. The Cooper
Temple Clause, Hope of the States, The FutureHeads und Ash.
THE PIRATES
The Pirates wurden Ende der 50er Jahre ursprünglich als Johnny Kidd & The Pirates gegründet. Ihr grösster Hit
war "Shakin' all over". Nach dem Tod von Johnny Kidd 1966 löste sich die Band auf. Nach einer Reunion der restlichen
Bandmitglieder im Jahre 1976 wurde die Band zu einem der wichtigsten Pubrock Acts.
DR. FEELGOOD
Dr. Feelgood, benannt nach einem Song von "Johnny Kidd & the Pirates", wurden 1971 von Lee Brilleaux (Gesang), Wilco Johnson (Gitarre),
John Sparks (Bass) und The Big Figure (Schlagzeug) gegründet. Nach vielen Live-Auftritten und 2 Alben gelang der Band im Jahre 1976 der
Durchbruch mit dem Live-Album "Stupidity" (Platz 1 in den englischen Charts). 1977 verliess Wilco Johnson die Band und wurde durch Gypie Mayo
ersetzt. Den grössten Erfolg hatt die Band 1979 mit "Milk and Alcohol". 1994 verstarb leider viel zu früh Lee Brilleaux. Bei der heutigen
Band Dr. Feelgood spielt keines der ursprünglichen Mitglieder mehr.
WILCO JOHNSON BAND
Nachdem Wilco Johnson Dr. Feelgood verlassen hatte gründete er "Solid Senders", spielte bei Ian Dury's "Blockheads", bevor er 1979
seine eigene Band formierte. Die Wilco Johnson Band tritt auch heute noch in Pubs und kleineren Clubs auf.
DUCKS DELUXE
Ducks Deluxe wurde 1972 von Martin Belmont, Nick Garvey, Sean Tyla und Tim Roper gegründet und erreichte mit dem Album "Ducks Deluxe"
Kultstatus. 1975 bereits löste sich die Band auf und die einzelnen Musiker wirkten bei "Graham Parker & the Rumour", "Tyla Gang" und
"The Motors" mit. Am 9. Oktober 2007 steht ein Reunion-Konzert von Ducks Deluxe im Londoner "100 Club" bevor.
EDDIE & THE HOT RODS
Diese Band wurde 1975 gegründet. Von den Originalbesetzung ist heute aber nur noch der Sänger Barrie Masters dabei. Weitere
Mitglieder der Originalbesetzung waren Dave Higgs (Gitarre), Paul Grey (Bass), Steve Nicol (Schlagzeug) und Lew Lewis (Mundharmonika).
Higgs hatte davor bereits zusammen mit Lee Brilleaux von Dr. Feelgood bei "The Fix" gespielt. Eddie, eine Schaufensterpuppe, war in
den ersten Jahren das Maskottchen der Band und auch bei den wegweisenden Konzerten der Band im "Marquee Club" im Jahre 1976 dabei.
Hier wurden die Hot Rods von Andy McKay von "Roxy Music" entdeckt und bekamen einen Plattenvertrag bei "Island Rec.". Nachdem der Sound der
Band immer härter wurde und sich dem des Punk annäherte, verliess Lew Lewis 1976 die Band. Dafür kam ein 2. Gitarrist, Graeme Douglas
von den "Kursaal Flyers".
LEW LEWIS REFORMER
Lew Lewis spielte bereits 1969 Mundharmonika bei der "Southside Jug Band", bei der spätere Mitglieder von Dr. Feelgood ihre ersten musikalischen
Erfahrungen sammelten. Nachdem er "Eddie & the Hot Rods" 1976 verlassen hatte, wurde er auf Vermittlung von Lee Brilleaux einer der ersten Acts bei
dem neu gegründeten Label "Stiff Rec.". Lew's Version von "Win or Loose", einem nicht veröffentlichten Song von "Status Quo", wurde 1979
fast zu einem Hit. In den 80er Jahren war Lew Lewis wieder im Strassenbau tätig und wurde 1987 zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt, wegen einem
Überfall auf ein Postamt mit einer Spielzeugpistole.
NICK LOWE
Nick Lowe, Bassist und Sänger, begann seine Karriere in der englischen Pub-Rock-Szene Anfang der 1970er Jahre und war einer der ersten Künstler
auf "Stiff Rec.". Er war ursprünglich Mitglied der Band "Brinsley Schwarz", die sich 1975 auflöste. Danach arbeitete er mit "Rockpile" und
"Dave Edmunds" zusammen. Ende der 70er wandte er sich als Solokünstler der New-Wave-Szene zu. Zu dieser Zeit produzierte er auch die "Pretenders" und
"Elvis Costello".
DAVE EDMUNDS & ROCKPILE
Gitarrist und Sänger Dave Edmunds hatte 1970 ein Album mit dem Titel "Rockpile" aufgenommen. Bei der folgenden Touren trat er als "Dave Edmunds &
Rockpile" auf. Rockpile waren musikalisch eher dem Rockabilly und Powerpop zugewandt. 3 Soloalben von "Dave Edmunds" und 2 Soloalben von "Nick Lowe" sind
eigentlich Rockpile-Alben. Die Band war stilistisch prägend für die spätere New-Wave-Bewegung.
Stragmann, August 2007
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